Die Schattenseite der Good Vibes

Gute Schwingungen und praktizierte Dankbarkeit sind wunderbar – aber es gibt auch „toxische Positivität


Hier erfährst du, warum es die menschliche Erfahrung entwerten kann, immer nur „das Positive“ sehen zu wollen … oder zu sollen.
Wir alle kennen diese Sprüche ...
„Versuche, das Positive daran zu sehen.“
„Immer weiterlächeln.“
„Bleib positiv.“
„Kopf hoch!“
„Aber wenigstens hast du ...”

Sehr wahrscheinlich haben wir alle auch schon mindestens einen davon gebracht. Doch unabhängig von der guten Absicht oder der Ernsthaftigkeit, mit der es gesagt wird: Solche Durchhalteparolen, sich gezwungen fühlen, Leid mit einem Lächeln zu ertragen – das kann sehr weh tun.
Es entwertet deine Erfahrungen und die sehr realen menschlichen Gefühle, die du empfindest.

Solchen beruhigenden Plattitüden, auch wenn sie noch so gut gemeint sind, fehlt eine wichtige Zutat: Empathie.
Und das ist toxisch. Erst recht, wenn es die Erfahrung einer marginalisierten oder weniger privilegierten Person in deiner Gemeinschaft abwertet.
Angesichts der vielen sich abspielenden Tragödien und der täglichen Schreckensnachrichten fühlt man sich leicht wegen scheinbar trivialer Gefühle schuldig. „Ich sollte mich nicht unglücklich fühlen, mir geht es schließlich nicht so schlecht wie ...“ ist für viele von uns ein häufiger Gedanke.
Es ist eine Art von Toxizität, die am Rande von fast allem lauert, was wir tun und konsumieren.

Vom "Leben, Lachen, LIEBEN"-Slogan auf Haushaltswaren von REWE bis hin zu den Worten „Es gibt keine schlechten Tage“ an den Wänden eines Yogastudios in der Innenstadt – diese Art von Botschaften spiegeln eine Verfälschung der menschlichen Erfahrung wider, die sowohl grob unaufrichtig als auch, offen gesagt, desillusioniert ist.
Noch seltsamer ist, dass wir, obwohl solche Botschaften in unseren Köpfen Alarmglocken schrillen lassen, weiterhin diese Ideen, Produkte und Markenerlebnisse kaufen – mit hartverdientem Geld und emotionalem Engagement.

Warum also sind wir hier und leben in einem Strom falscher Sicherheiten vor uns hin?
Globalen Statistiken zur psychischen Gesundheit zufolge sind 13% der Weltbevölkerung  von psychischen Störungen und Drogenkonsum betroffen.
Auf der Makroebene sind wir mit der rapide abnehmenden Gesundheit unseres Planeten konfrontiert. Hier in Deutschland zeigt sich das deutlich. Wir sehen, wie die Welt am Rande des Abgrunds taumelt – globale Pandemie, Ungleichheit zwischen Rassen und Geschlechtern und die Möglichkeit eines Weltkriegs, all das ist sehr real.
Auf der Mikroebene ringen wir mit den Auswirkungen dieser Probleme auf unsere persönlichen kleinen Welten – online und offline.

Hier möchten wir dir ein paar Dinge nennen, die wir als hilfreich empfunden haben, um unsere Tendenzen zu toxischer Positivität zu dekonstruieren und unsere Familie und Freunde in Zeiten der Not besser zu unterstützen – vor allem diejenigen, die marginalisiert werden oder weniger Privilegien genießen als wir selbst.

Self-practice – Übung mit dir selbst
Wie lernst du, negative Reaktionen eines geliebten Menschen anzunehmen? Zunächst bedeutet das, negative Reaktionen anzunehmen lernen, die von dir selbst kommen.
Verschaffe dir einen ruhigen Moment. Fühle in dich hinein. Was geht in deinem Körper und Geist vor? Wenn du etwas Negatives wahrnimmst, verurteile dich nicht dafür – nimm es einfach wahr und mach weiter.
Sei achtsam
Wer toxische Positivität verbreitet, merkt das oft gar nicht, da diese Art von Reaktion in unserem westlichen Kulturkreis so tief verwurzelt ist.
Wenn ein Mensch sich dir mitteilt, Schwachstellen und Verletzlichkeit zeigt, versuche, weniger zu reden. Mehr zuzuhören. Versuche dann, diese Person auf eine Weise zu trösten, die ihr das Gefühl gibt, dass sie sicher ist, gehört und gehalten wird.
Mach dir den Unterschied zwischen Realitäts-Check und toxischer Positivität klar

Wie bei den meisten menschlichen Interaktionen gibt es auch hier kein Regelwerk und wie bei allen anderen gibt es kein Schwarz und Weiß.
Toxische Positivität oder einer Person helfen, indem du sie darauf aufmerksam machst, dass sie unangemessen über eine Erfahrung jammert – du bewegst dich auf einem schmalen Grat.
Lass dich durch deine Werte und deine Beziehung zu der jeweiligen Person leiten, aber unser Rat steht in jedem Fall: Mehr zuhören, weniger reden.
Anerkennen und entschuldigen
Wenn du dich im Moment oder im Nachhinein dabei ertappst, wie du die Erfahrung eines Freundes oder einer Freundin abgetan oder versucht hast, die Gefühle dieser Person mit einer Flut von Glücksmantras zur Seite zu schieben, ist es ganz normal, dass du dich defensiv oder schlecht fühlst, oder es dich sogar quält.
Du kannst es nicht ungeschehen machen, aber sprich es selbst an, stell dich selbst zur Rede. Gib offen zu, dass du dich geirrt hast. Die Offenheit für diese Art der Selbstbefragung trägt zu einem besseren kulturellen Diskurs über diese Verhaltensweisen bei. Sie verbreitet sich und führt letztendlich zu einem akzeptierenden und achtsameren Kommunikationsstil für uns alle. 

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